Waldorf Schule Mauer | 2024
Die Rudolf Steiner Schule in Wien-Mauer, die 1964 gegründet wurde, ist auf zwei Gebäude aufgeteilt. Das dem Maurer Schlössl gegenüberliegende Haus aus dem Jahre 1867 sollte für einen Erweiterung der schulischen Möglichkeiten umgestaltet werden. Das mit einer historischen Fassade eingeschossige Gebäude wird strassenseitig in Form und Gestalt belassen, um dann hofseitig einen langgzogenen Baukörper aus dem Bestand zu extrudieren. Erst beim zweiten Blick in den Hof erkennt man, dass aus dem eingeschossigen historischen Gebäude ein Baukörper harmonisch herauswächst, der eine neue Normturnhalle, 4 Klassen, Horträume, einen Kindergarten, eine Aula, einen Speisesaal und diverse Werk-, Musik- und Bewegungsräume beherbergt.
Bauherrenschaft
Rudolf Steiner Schulverein
Architektur
Dietrich Untertrifaller Architekten und ANDIBREUSS
Wettbewerb
2014. 1. Platz in einem geladenen Wettbewerb
Planung
2014-2017, 2023-2024
Ausführung
2023-2024
Generalplaner
Dietrich Untertrifaller
Generalunternehmer
Handler Bau GmbH
Lehmarbeiten
prolehm
Fotos
© Kurt Hoerbst; © Aldo Moretti; © ANDIBREUSS; © dtfr
Eine grundlegende Überarbeitung des Wettbewerbentwurfes war die Nutzung des ensemblegeschützten Bestandes statt eines Neubaus. Aus dem eingeschossigen kleinvolumigen Vorstadthaus sollte sich in den Hof hinein das neue Schulgebäude extrudieren. Das Strassenbild mit den historischen Fassaden vis a vis wurde so nicht markant verändert. Das Bestandsgeböude war in einem stark sanierungsbedürftugen Zustand, und sollte zu mindestens 50 % bestehen bleiben. Aus den Zwängen der Flächenwidmung (Bauklasse 1 und einer Gebäudehöhe von 6,5 m) ergeben sich durch die Extruktion des Daches im Inneren spezielle und interessante Raumformen.
Quelle: Animation Überarbeitung Wettbewerb
Der Zugang zur Schule erfolgt westseitig im Hof, d.h. es gibt ausreichend Pufferraum zur Strasse hin um ein sicheres Ankommen der Schüler zu gewährleisten. Die Aula, die man betritt zieht sich über beide Geschosse, das man durch einen offenen Schlitz entlang der lehmverputzten Stiegenhausmauer erleben kann.
Über eine Scherentreppe, die sowohl ost- als auch westseitig begehbar ist gelangt ins UG oder zu den Unterrichtsräumen in den Obergeschossen. Der Zugang zur Turnhalle ist durch die beidseitige Erschließung unabhängi vom Schulbetreib begeh- udn benutzbar
Die Erschließung über die Scherentreppe erlaubt ein zirkuläres Bewegen im Gebäude, ohne daß man den „gleichen“ Weg zurückgehen muss.
Die Turnhalle ist nur halb eingegraben und wird durch eine Glasfassade im EG mit Tageslicht versorgt. Die gegenüberliegenden Glasflächen machen die Sockelzone leicht und transparent, und ermöglichen Durchblicke in den Garten. Die parkähnliche Anlage im Süden des Grundstückes wird von schönen alten Bäumen bewohnt, die zum größten Teil bestehen geblieben sind. Sie gewähren zudem im Sommer zusätzliche Beschattung für das Schulgebäude und geben dem Park für Freiraumaktivitäten eine hohe Benutzerqualität.
Auf der Turnhalle befindet sich der Unterrichtstrakt mit Schulklassen und Horträumen. Die Holzkonstruktion ist so raffiniert geplant, dass möglichst wenig Stahlverbindungen notwendig wurden. Der Fokus lag auf Holzverbindungen. So wirkt die Holzkonstruktion über der Turnhalle, die 16 m überspannen und alle Unterrichtsräume darüber tragen muss, wie ein zweigeschossiger Träger, der bis auf die Stahlstützen in der Turnhalle ausschließlich mit Holzwerkstoffen funktioniert.
OG 1
Auf der Turnhalle befindet sich im ersten Ibergeschoss der Unterrichtstrakt mit Schulklassen und Horträumen. Alle Räume sind miteinander verbunden, und können so multifunktional genutzt werden. Erschlossen werden diese durch einen aussenliegenden Laubengang, von dem jede Klasse getrennt betreten werden kann. Am Ende des Laubenganges gibt es einen direkten geschützten Zugang zum Garten. Der beschattet und regengeschützte Bereich ist auch als Erweiterung zu den Klassen zu sehen, sodaß auch Unterrichtstätigkeiten in den Außenbereich verlagert werden können.
OG 2
Im zweiten Obergeschoss befinden sich weitere zwei Unterrichtsräume . Auch diese Klassen haben in Form einer großen Dachterrasse einen unmittelbaren Zugang in den Außenraum. Hier spürt man auch einen starken Bezug zum Garten, da man sich praktisch in den Kronen der Bäume aufhält.
Schon im Wettbewerb 2014 haben wir angeboten, den Schulneubau in Holzbauweise zu planen, und die Innenräume mit Lehmbaustoffen zu gestalten. Synthetische und künstliche Baumaterialien sollten möglichst reduziert oder vermeiden werden. Gesunde und emissionsfreie Räume sollen für die Heranwachsenden zur Verfügung stehen.
Im Innenraum sind alle Trennwände in Holzständerbauweise, mit Holzfaserdämmung und Lehmoberflächen ausgeführt. Diese Holz-Lehmwände erfüllen nicht nur die hohen bauphysikalischen Anforderungen an ein Schulgebäude, sondern verbessern auch das Raumklima. Lehm kann auf natürliche Weise die Luftfeuchtigkeit in Innenräumen regeln, durch eine große Speichermasse eine große Behaglichkeit in Bezug auf Wärmeabstrahlung anbieten und durch unbehandelte Oberflächen emissionsfreie, gesunde Räume anbieten. Auf künstliche, CO2 invasive Stoffe wie Metallständer, Klebebänder, Folien, Mineralwolle, Gipsplatten sowie Anstriche kann daher komplett verzichtet werden.
Lehm ist ein im Laufe der Millionen Jahre entstandenes Verwitterungsprodukt, das einen hohen Tonanteil besitzt, dessen Bindemittel zur Aushärtung tauglich ist. Lehm ist der einzige mineralische, gebrauchstaugliche Baustoff, der ohne Brennvorgang auskommt. CO2 Emissionen sind im Zusammenhang mit Lehm maximal auf den Transport beschränkt. Diesen kann man aber zusätzlich minimieren, indem man den Lehmaushub verwendet, der praktisch bei jedem Bauvorhaben – wenngleich auch mit unterschiedlichen Qualitäten – vorkommt.
Der Lehmaushub der Rudolf Steiner Schule wurde genau untersucht und Probekörper hergestellt, um die Gebrauchstauglichkeit zu prüfen. Es zeigte sich ein Grundmaterial mit dem man hochwertige Oberflächen herstellen kann. So sind 2500 m2 Lehmoberflächen im Schulgebäude mit dem Aushub am eigenen Grund hergestellt worden.